Mariengarden Forum Leben

Mit einem gesellschaftspolitischen und lebensethischen Thema startete am Donnerstag­abend im Forum Mariengarden die Veranstaltungsreihe „Mariengarden – Forum Leben, Glauben, Wissen“.

Mensch nach Maß – Der Mensch im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und ethischen Herausforderungen“, so lautete das Thema einer Podiumsdiskussion. Als Teilnehmer diskutierten Professor Dr. Peter Baumgart (Chefarzt der Inneren Medizin am Clemenshospital Münster und Mitglied der Ethikkommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe), Pater Martin Wolf OMI (Theologe und Rektor der Oblatenkommunität, Burlo), Frau Barbara Roth (Lehrerin für Philosophie und Religion am Gymnasium Mariengarden), Anna Rotthues (Schülerin der Q2 am Gymnasium Mariengarden), Frau Cordula Lensker und Frau Martina Engling (Mütter von Kindern mit Down-Syndrom, Stadtlohn). Moderiert wurde die Diskussion von Herrn Stefan Bork (Lehrer für Religion, Deutsch, Geschichte am Gymnasium Mariengarden). Gut 60 Zuhörer waren erscheinen und erlebten einen informativen, engagierten, z. Teil emotionalen und von gegenseitiger Wertschätzung getragenen Vortragsabend und informellen Gedankenaustausch.

Nach einem Video-Einspieler zum sogenannten „Praena-Test“ (Kassenleistung), der es erlaubt, durch einen nicht invasiven Bluttest Veränderungen im kindlichen Erbgut, die etwa zum Down-Syndrom führen können, mit hoher Gewißheit festzustellen, forderte der Moderator die Diskutanten zu einem ersten Statement und zu weiterführenden Stellung­nahmen auf. Frau Lensker und Frau Engling ließen dabei in beeindruckender Weise die Zuhörer teilhaben an ihren emotionalen Momenten des Zweifelns, der Zuversicht und der Freude im Umgang mit ihren Kindern Mick und Merte. Sie schilderten in anschaulicher Weise, wie bereichernd und erfüllend der tägliche Umgang mit ihren Kindern sei und dass ihr Blick auf das vermeintlich Wichtige im Leben sich relativiert habe. Die Frage nach der Bedeutung des Praena-Tests beantworteten sie sehr differenziert und individuell und äußerten die Hoffnung auf eine positive Veränderung der gesellschaftlichen Akzeptanz, Menschen mit Handicap gegenüber. Dadurch könne man Eltern mit behinderten Kindern die Sorge um die gesellschaftliche Integration ihrer Kinder nehmen und diesen die Chance auf eine erfüllende Lebenszukunft ermöglichen. „Mehr Herz statt Zahlen!“ könne in diesem Zusammenhang ein gesellschaftlicher Slogan sein, so Frau Engling. Prof. Baumgart erläuterte die Methodik einer sogenannten „Gen-Schere“, mit deren Hilfe es heute möglich sei, Gensequenzen, ob krankheitsverursachend oder „unerwünscht“, aus der DNA eines Menschen zu entfernen und durch andere zu ersetzen. Dies sei ein gängiges Verfahren der Gentechnologie und habe für Krankheitsheilungen oder im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion sicher seine Berechtigung. Die „rote Linie“ sei aber erreicht und dürfe nicht überschritten werden, wenn dieses Verfahren dazu missbraucht würde, Lebewesen nach bestimmten Wunschvorstellungen zu designen, Menschen zu selektieren und der Mensch sich so zum Schöpfer erhebt.

Den Menschen als gewolltes Geschöpf Gottes anzusehen und ihn zu akzeptieren ohne Vorbehalte, auch mit seinen Grenzen und Unzulänglichkeiten, erläuterte Pater Wolf als das Credo des christlichen Glaubens und des dahinter stehenden Menschenbildes. Das schließe Heilung von Krankheiten natürlich nicht aus, wohl aber das Bestreben, Menschen perfektionieren zu wollen und damit die menschliche Würde Zweckdenken unterzuordnen. Das Leben sei an sich ein heiliges Gut und seine Unverfügbarkeit eine unabdingbare Forderung der Theologie.

Dieser Position schlossen sich Frau Roth und die Schülerin Anna Rothues an und erweiterten die Diskussion um die philosophisch-ethische Betrachtungseise. Ihren Verweis auf Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“, kontrastierten sie mit unterschiedlichen philosophischen Strömungen, etwa dem „Präferenzutilitarismus“, der die Rolle des Menschen zweckorientiert begreife und auf seine ökonomische Bedeutung für die Gesell­schaft reduziere. Dem stellten Frau Roth und Anna Rothues den Kant’schen kategorischen Imperativ entgegen und verwiesen schließlich auf die Verantwortungsethik nach Hans Jonas als Herausforderung für das gesellschaftliche Zusammenleben und für künftige Generationen.

Herr Borg schaffte es durch seine ruhige und zum Teil pointierte Moderation, die inhaltlichen Positionen der Diskutanten deutlich werden zu lassen und dadurch dem Diskurs inhaltliche Tiefe zu verleihen. Seinen abschließenden Dank an die Teilnehmer verband er mit dem Hinweis auf die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe und der Einladung zum geselligen Ausklang und zu vertiefenden Gesprächen an den bereitstehenden Stehtischen.

Das Foto zeigt Stefan Bork, Barbara Roth, Anna Rotthues, Martina Engling, Cordula Lensker und Prof. Dr. Peter Baumgart. Nicht im Bild: P. Martin Wolf OMI